Warum Frieden besser ist als Krieg

Day 1,287, 00:14 Published in Germany Germany by von Hammer
Ein Kommentar von Chefredakteur Carl-Gustav von Hammer

In kaum einem anderen Spiel ist der Widerspruch von praktiziertem deutschen Militarismus und der eigenen RL-Geschichte so deutlich wahrnehmbar, wie in eRepublic. Dabei bietet das Spiel genügend Werkzeuge für eine friedliche Alternative zum Kriegsspiel.

Eines der ersten Wege, die einem Neuankömmling von Staats wegen gewiesen wird, ist die Nahrungsbeschaffung. Doch gleich im nächsten Schritt wird klar, warum es hauptsächlich geht. Im "AGA-Handbuch", einer Art Schrift zur "Grundausbildung" heißt es dazu: "Eine Selbstversorgung hat das Ziel, den Spieler mit Brot zum Kämpfen zu versorgen". So begegnet denn dem Neuling im weiteren Verlauf seines Daseins eine Fülle von Ausdrücken aus der Welt des Militärs. Da ist die Rede von "Kommandanten" und "Vizekommandanten", "Kompanien", "Heimatschutzbatallion", "Generalstab", "Einsatzkommando", usw. und man wird das Gefühl nicht los, nicht zuletzt in einer Art Militärdiktatur gelandet zu sein, bei der die Innen, Wirtschafts- und Kulturpolitik nur die Basis für das eigentlich Spiel, nämlich der Kampf auf dem Schlachtfeld darstellt.

Auch wenn jeder Rückgriff auf das Deutsche Reich bis zu seinem Ende 1945 peinlichst vermieden wird und allenthalben die Feigenblätter von Demokratie und Sozialismus das Hauptschmuckwerk hiesiger Organisationen ist, so steht diese Art Militarismus tatsächlich nicht im Gegensatz zur deutschen RL-Geschichte, beginnend mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 und den Auswüchsen von Militarismus und Nationalismus im Deutschen Kaiserreich und dem Dritten Reich unter Hitler. Sie mögen sich in der Wortwahl unterscheiden, wenn beispielsweise von der Bundeswehr und nicht von der Reichswehr oder der Wehrmacht die Rede ist. Aber alles, was darunter geschieht, die Freude am Organisieren militärischer Strukturen, das Befehlen und Gehorchen, der Kampf auf dem Schlachtfeld, das Auszeichnen mit Orden und sonstigem Beiwerk; Dies alles ist doch - seien wir ehrlich - nichts anderes als gelebter Militarismus.

Die scheinbare Alternativlosigkeit des deutschen Spiels in eRepublik ergibt sich aus der Tatsache, dass der allergrößte Teil der heutigen Mitspieler vor allem "Krieger" sind. Für sie ist das Schlachtfeld ihr zu Hause. Hierauf wird sich mit Akrebie vorbereitet, alles andere dient nur dem einen Zweck, möglichst viele der Gegner niederzumachen, sie zu töten oder - ums ertragbarer zu machen - um Punkte zu sammeln. Die sich daraus ergebene Entwicklung in der Organisation hat wiederum die Spieler angezogen, die für das Kriegsspiel am ehesten empfänglich sind, während viele derer, die sich für eRepublik vor allem wegen seiner Wirtschaftssimulation oder das Ringen im demokratischen Miteinender von Presse, Parteipolitik und Wahlen interessieren aufgrund der Dominanz des Krieges eher fern bleiben.

So könnte es die Aufgabe einer neuen Gruppe von Spielern sein, dem Krieg die Vision vom Frieden entgegenzustellen, ein Frieden, der die Erholung vom immerwährenden Krieg mit seinen Nachbarn ermöglicht und der nationalen wirtschaftlichen Entwicklung eDeutschlands den Weg ebnet. Dazu gehört die Vorstellung, dass der Krieg nicht länger das Spiel zur "ewig blutenden Ostgrenze" eines im Grunde zutiefst hitlerischen Ansatzes darstellt, sondern dass er die Ausnahme ist, beispielsweise um das eigene Land zu verteidigen. Der Krieg, der noch dem Selbstzweck dient, bekommt eine neue Aufgabe: Er ist - neben der Diplomatie - nur noch Teil einer ganzen Palette von Maßnahmen zum Erhalt des Friedens.

Damit erhielte eRepublik und insbesondere eDeutschland eine neue Anziehungskraft für Spieler, die das an sich kindische Gemetzel auf dem Schlachtfeld nicht suchen, sondern sich für das demokratische Spiel und die Wirtchaftsimulation interessieren. Die eigentliche Zukunft eDeutschlands liegt daher nicht im Krieg, sondern im Frieden.

Aber nicht nur eDeutschland wird von Militaristen und Kriegspolitikern beherrscht. Auch in Polen und anderen Ländern sind es diese merkwürdigen Naturen, die in eRepublik vor allem eine willkommene Gelegenheit zur Abrechnung und zur Befriedigung von Revanche-Gelüsten sehen. Da tobt sich die viel geschundene polnische Seele in einem Krieg mit eDeutschland aus, um sich an eine in den Dreck niedergerungene Nation zu erfreuen, und sei es auch nur eine virtuelle Nation wie die der eDeutschen. Wo hat es das schon gegeben: Ein Großpolnisches Reich und das auch noch auf dem Rücken der Deutschen, die zu blöde sind, ihr Land ordentlich zu organisieren und zu verteidigen. Ähnlich mag es Ungarn, Slowaken, Serben und Mazedonier ergehen, die - so erfolgreich sie auf dem Schlachtfeld sind - doch allesamt nur das eine kennzeichnet: Ein aufgrund der eigenen RL-Geschichte gelebter Minderwertigkeitskomplex. Man schaue sich nur die Wege des Krieges an, den diese Länder durch Euroa gehen. Wer die RL-Geschichte ein wenig kennt, stößt auf lauter Revisionismen. Polen in Deutschland, Ungarn in Rumänien, Mazedonier in Griechenland, Slowaken in der Tschechei, Serben in Bosnien. eRepublik ist zu einem Kriegsspiel von Revisionisten verkommen.

Die Alternative ist, als Friedenspolitiker die Kräfte zu sammeln, wie sie nötig sind, um die Krieger wieder zurückzudrängen. Dies beginnt mit einer neuen politischen Kultur in eDeutschland selbst. Die Eliten, also die führenden Köpfe der Nation, sind vor allem Politiker des Krieges, ihre diplomatischen Fähigkeiten sind dagegen verkümmert und unwesentlich, wie der gescheiterte Vertrag mit Polen zeigt. Sie wären gar nicht in der Lage, die Außenpolitik auf neue Beine zu stellen, weil ihnen die Werkzeuge, sowie der Sinn und das Gespür für den Frieden fehlen. Mit ihnen ist ein Neuanfang nicht möglich.

Gelingt es dagegen einer neue Generation von Friedenspolitikern in ernsthafte Verhandlungen mit Warschau über einen dauerhaften Frieden zu treten, könnte dies ein Signal auch an Politikern und Bürgern in anderen Ländern sein, sich für den Frieden einzusetzen und ein entsprechendes Bündniswerk zur Sicherung des Friedens in Europa zu errichten. Parteien, wie die eSPD könnten sich von Open Minds und Steinmetzen vor allem in dieser Frage unterscheiden, doch auch ihnen haftet der Makel des Militarismus noch viel zu sehr an. Möglicherweise also bedarf es dazu einer neuen Partei, die mit diesem einen Programmpunkt ein außerordentliches Alleinstellungsmerkmal in der eDeutschen Parteienlandschaft hätte. Man darf gespannt sein, ob eDeutschland aus eigener Kraft zu dieser neuen Poltik findet.