Part 2: Über den Wolken

Day 842, 10:53 Published in Germany Germany by Kalif Batan

Die meisten meiner Kameraden schliefen, einige lasen auch Briefe aus der Heimat. "Schon verblüffend, wie schnell man in Extremsituationen erwachsen wird", dachte ich mir, als ich durch die Reihen unseres Fliegers nach Brasilien schaute. Als Jugendliche waren wir angetreten, im guten Glauben, in Friedenszeiten brauche niemand von uns an einem Kampfeinsatz teilnehmen. Nun waren wir herangereift zu richtigen Männern, unsere Jugend war zerplatzt wie eine Seifenblase. Die Gesichter hatten ernste Züge bekommen, auch einige Narben waren zu sehen.

"Na, wieder mal deine Alpträume?" fragte mich eine tiefe Stimme aus der Reihe vor mir. Ich drehte mich um und sah meinen Kommandanten. Er hatte sein Leselicht eingeschalten und vor ihm lagen mehrere Landkarten, in die er verschiedene Dinge vermerkt hatte. "Ich weiß, du bist ein guter Soldat, aber du musst einen Weg finden, deine Erinnerungen zu verarbeiten, sonst macht dich das noch völlig fertig!", sprach er weiter. Sein Weg war der, dass er sich kurz vor dem Schlafengehen aus seinem treuen Begleiter, dem Flachmann, ein paar Tropfen Wodka gönnte. Das wussten wir alle, ich traute mich in diesem Moment aber nicht dies zu sagen, sondern merkte nur an, dass die Träume ja bereits wieder nachgelassen hätten. Nachdem er mich kurz prüfend musterte drehte er sich wieder um und kümmerte sich weiter um seine Landkarten.

Mein Kommandant ist ein großartiger Soldat und Vorgesetzter, einzig sein Hang zum Wodka ist es, der verhindert, dass er in der Hierarchie der Bundeswehr weiter nach oben kommt. Auch in meinem Expeditionskorps hatten wir in den Monaten des Krieges ein paar Gefallene zu beklagen, im Gegensatz zu anderen Einheiten hielten sich die Verluste aber in Grenzen. Dies lag hauptsächlich an den großartigen Instinkten und den Kampftaktiken, die uns unser Kommandant beizubringen wusste. Er versteht es blendend, uns aus dem Ärgsten herauszuhalten, aber auch uns da zuschlagen zu lassen, wo es besonders effektiv ist.

Nach 5 weiteren schlaflosen Flugstunden landeten wir endlich auf dem Flughafen von Rio de Janeiro. Schweiß rann mir von der Stirn, während wir unser Marschgepäck auf dem Rollfeld sammelten und uns für weitere Befehle bereitmachten. Die Hitze war ich einfach nicht mehr gewohnt, die letzten Monate hatte ich größtenteils frierend verbracht. Meinen Kameraden ging es wohl allen gleich, die Hitze verlangsamte ihre Bewegungen deutlich. Die Stimmung war trotzdem hervorragend, teilweise konnte man sogar ein leichtes Lächeln in den Gesichtern sehen.