Kommentar zu The High Times

Day 783, 12:28 Published in Poland Germany by Iseutz

*editors note: To all readers from poland who may drop in. I usually write my articles in german. If google translation or other software should be unable to provide you a sufficient translation, please tell me. If there is shown significant interest, i write an english version for you or even find someone to write a polish one, to make things less complicated.

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Liebe Polen, Neu-Polen und alle, die es nie werden wollten,

die bekannte polnische Zeitung "The High Times" enthält heute einen Artikel über Konrad Neumanns Neujahrsansprache. Ich habe den Beitrag aufmerksam gelesen und bin der Ansicht, daß es sich lohnt darüber zu diskutieren.

Bevor ich mich dem Artikel widme, möchte ich drei Dinge klarstellen:

#1 - Dieser Artikel ist kein flame. Ich beabsichtige weder Sztandarowy zu beleidigen. noch irgend einen anderen Polen.
#2 - Ich kenne den Autor nicht im real life. Deswegen kritisiere ich nicht ihn als Person, sondern das, was er schreibt. Ich weiß nicht, wie intelligent und gebildet er ist. Daher nehme ich seinen Artikel wörtlich und gehe davon aus, daß er meint, was er schreibt.
#3 - Die meisten Polen und Deutschen sind intelligente, nette Leute. Ich hoffe, daß das in den Kommentaren deutlich wird.


Nun zum Artikel, der wahrlich ein review verdient hat. Denn ich muß sagen, daß Sztandarowy wohl besser bei seinen durchaus lustigen Artikeln geblieben wäre... Sein bemühter Versuch, Widersprüche in Konrads Ansprache aufzudecken und gleichzeitig respektvolles Verhalten einzufordern, muß scheitern. Denn entweder weiß er nicht, wozu eine solche Rede dient oder er ignoriert es absichtlich. Keine der beiden Annahmen läßt die Schlußfolgerung zu, daß er in Sachen 'Respekt' zum Meinungsführer gereicht.

Bereits im allerersten Kommentar gleitet er in Übertreibungen und Fehlinterpretationen ab. Vor dem zitierten Satz befindet sich im Originalartikel eine deutliche Anerkennung und Würdigung des polnischen Erfolges. Erst daran schließt sich die Bitte an, nicht auf uns, den Verlierer dieser Auseinandersetzung, herumzutrampeln, sondern sich respektvoll zu verhalten. Sztandarowy sucht stattdessen mit großem Eifer nach einzelnen Worten, die einen negativen Beiklang haben könnten und findet sie natürlich auch. Er liest aus der Bitte um anständiges Verhalten tatsächlich heraus, daß wir die Polen verachten und für Monster halten.

Das ist das komplette Gegenteil dessen, was tatsächlich zum Ausdruck gebracht wurde. Anscheinend ist er der Meinung, daß wir Deutschen immer noch auf diesem geistigen Niveau des frühen 20. Jahrhunderts gefangen sind, was natürlich weder den Tatsachen entspricht, noch ansatzweise Respekt zum Ausdruck bringt. Ausgerechnet mit einer solchen Eröffnung angeblich respektlose Formulierungen zu brandmarken, ist schon eine sehr widersprüchliche Vorgehensweise.

Im nächsten Abschnitt mockiert er sich über den Ausdruck 'zum Opfer fallen' und darüber 'daß das Schlimmste hinter uns liegt'. Vielleicht ist ihm der Ausdruck nicht geläufig, aber 'zum Opfer fallen' heißt nichts anderes, als subjektiv auszudrücken, einem Angreifer zu unterliegen. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir von einem Raubüberfall sprechen oder von Kriegen - und daß dieser Krieg von Polen ausgelöst wurde, dürfte ja wohl niemand bestreiten wollen. Nicht hinter jeder Formulierung versteckt sich automatisch die Referenz an ein idiotisches Vorurteil, über daß es sich aufzuregen gilt.

In seinen Aussagen zur Wendung 'das Schlimmste liegt hinter uns' zeigt sich, daß er nicht verstanden hat oder verstehen will, daß er es mit einer offiziellen Propagandaschrift zu tun hat. Was soll ein Präsident eines geschlagenenen Landes denn anderes tun, als seinen Landsleuten Mut zu zusprechen? Selbstverständlich kommen dabei auch Standardfloskeln zur Anwendung. Es geht dabei keineswegs darum, sich der Realität zu verweigern oder den Bürgern etwas vorzulügen. Es geht schlicht um Motivation, denn die erwarten wir von unseren politischen Vertretern. Jedes Volk der Erde kennt solche Sätze. Der Autor möge mir also bitte die Präsidenten zeigen, die dafür berühmt geworden sind, brutale Ehrlichkeit zu ihrem Markenzeichen zu erheben. Ganz gewiß findet sich manch Pole darunter...

Auf die nächsten beiden Zitate gehe ich nicht ein, denn es handelt sich bloß um rhetorische Spielerei. Interessant wird es aber wieder ab dem Zitat zum Thema Auswanderung nach Russland.

Hat der Autor zuvor noch jede winzige Formulierungsschwäche als eine himmelsschreiende Suggestion interpretiert, vermischt er hier selbster fröhlich zwei Aussagen, die nicht zwingender Weise etwas miteinander zu tun haben. Nämlich 'geht nach Russland' und 'wir brauchen zukünftige Anführer und Soldaten'. Da kann ich nur fragen, was in drei Teufels Namen soll denn da sonst stehen? 'Legt euch auf den Rücken und gebt auf'?

Natürlich sollen die Leute nach Russland gehen, aus ökonomischen, militärischen und emotionalen Gründen. Daß sich daran der besagte Satz anschließt, heißt nichts anderes, als daß wir eine Zukunft haben, auf die wir hinarbeiten müssen. Doch statt die Sätze getrennt zu lesen, wurstelt er sie zusammen und suggeriert (oh Schreck, der Schelm!), daß wir zu Vasallen der Russen werden. Das mag vielleicht den Nationalisten unter den Polen gefallen, ist aber eben auch nur wieder Nonsense. Wenn wir Interesse daran hätten, Diener fremder Herren zu werden, könnten wir ja gleich in Polen bleiben und uns eine Narrenkappe aufsetzen. Die Polen würden sich freuen und wir hätten unsere Ruhe.


Den Rest erspare ich uns, weil sich meine Kritik auch in den folgenden Abschnitten logischerweise nicht verändert. Statt dessen möchte ich mit ein paar Worten zum Thema Respekt abschließen, weil ich das für das wichtigste Problem in eRepublik halte.

Respekt heißt meiner Meinung nach, die Menschen, mit denen man spielt, nicht als dümmer, schwächer oder schlechter hinzustellen, nur weil ihre Accounts oder Nationen weniger 'stark' sind oder sie aus einem bestimmten analogen Land kommen. Nur wenn man dazu bereit und willens ist, kann man von anderen respektiert werden.

Die meisten Spieler scheinen jedoch nur darauf zu achten, was sie in Zahlen vor sich sehen. Medaillen, Stärke, Gold, was auch immer. Und sie scheinen zu glauben, daß das intelligente, konsequente Benutzen von legalen Mechanismen und Strategien zum Gewinnen der Ausdruck von Respektlosigkeit ist. Damit liegen sie so weit daneben, wie es nur geht. Respekt vor seinen Mitspielern zu haben, heißt nicht, sich in der Nutzung der legalen Mittel einzuschränken. Ermordet eBabies, streut Gerüchte, verwendet Spionage, rüstet eure Armeen, entwickelt Strategien, findet neue Wege und denkt unkonventionell!

Das Spiel selbst erzeugt keinen Respekt. Respekt ist nicht quantifizierbar, es gibt nicht ein Respekt, zwei Respekt, drei Respekt. Es ist völlig egal über welche Stärke eine Nation verfügt, egal wieviel Einwohner sie hat, egal wie intelligent die Strategien sind. Respekt ist eine Frage des Verhaltens der Spieler. Wer keinen Respekt erweist, wird daher auch keinen Respekt bekommen.


Gute Nacht, und viel Glück
Iseutz