Reaktivierung eines Traumatisierten - Heute: Geschichtsunterricht von gestern

Day 1,603, 08:29 Published in Germany Germany by djnewdream


Ecce, ego sum! Das ein Julius Cäsar sowas von sich gegeben hat, ist fast schon traumatisch für alle Römer gewesen - kannte man den damaligen Diktator in den besten Jahren doch nur als genialen Militärstrategen und selbstbewussten Tyrannen. Doch auch heute kann ich von mir behaupten, dass nicht alle Mysterien erfunden sind, jener Spruch gilt auch für mich: "Sehet, ich lebe!"

Glücklicherweise darf ich dies unter gemäßigteren Umständen sagen, als mein geschichtlicher Vetter; jener hatte gerade ein Attentat erfolgreich überlebt. Offensichtlich hatte dieser Jemand, dessen Name noch heute weit aus bekannter ist als die modernsten Wissenschaften und ihre Wissenschaftler, nicht wenige Feinde gehabt - ein paar Völker hat er natürlich unterworfen. Meine Wenigkeit, das Subjekt in seiner Einfältigkeit mit dem Hang zur Dramatisierung und Komplexität, hat während der Polenkriegsära seinen Lebensmut verloren gehabt - man beachte die waghalsige Zeitreise: 519 Tage ist es her. Doch bei aller Liebe zur Polemik, kann sich denn wirklich noch jemand an diese Zeit so genau erinnern, wie indes jemand, dessen Lebensmut in dieser Zeit geschwunden ist und jetzt wieder auflebt?

Sehr zielstrebig begehe ich den Weg der Geschichte, finde mich wieder in einer äußerst engagierten Politik, die sich fast täglich um die Polenkonfrontationen unterhalten hat und den bevorstehenden Untergang eDeutschlands im weitesten Sinne vorausgeplant hat. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht werde ich hier erwähnen, dass es auch dazu Meinungsverschiedenheiten gab. Natürlich nicht nur zur Sache selbst, dass man gar nicht untergehen könne, wenn alle am selben Strang ziehen. Auch die Frage "Wie gehen wir unter?" war vor allem für mich und meinen damaligen Mentor Saramago von großer Bedeutung. Heute, so eine lange Zeitspanne später, ist von all' dem Leid, was man in den täglich Zeitungen von damals zu lesen bekam, kaum etwas übrig. Filzismus und Trollismus halten sich aber dennoch verblüffend hartnäckig, die Politik ist immernoch engagiert, hat sie weniger zu tun wird eben mehr über die Art des Redens debattiert, ansonsten ein bisschen angegeben mit den Ämtern. Auch die alten Konflikte bestehen noch, die Allianzen sind in vielerlei Hinsicht noch ident mit den Schemata von vor über 500 Tagen.

Unglaublich, dass ich mich damals noch mit der Frage der Art und Weise des Untergangs beschäftigt haben kann. Doch man sieht schnell, aus Geschichte kann man lernen, und das nicht zu knapp: Systemzyklen, vorraussagbare Handlungsabläufe und Sequenzen gleichen Typus treffen sich immer wieder beim Prozess des Verstehens in der Moderne. So wirkt es doch gar nicht fern, sich mit dem Untergang selbst beschäftigt zu haben - auch Cäsar tat dies mit verblüffendem Scharfsinn. Hat er doch den Zerfall seines Reiches insgeheim vorhergesehen, vorausgesagt (und vielleicht auch vorherbestimmt), so hat er auch für jene Konjunktivfälle die Lösung parat gehabt, selbst wenn es fällt, sei es doch die Bestimmung des Schicksals, in den Händen des Olymp und deren Götter. Blasphemie aus damaliger Sicht, eine Anmaßung, dass die Götter überhaupt einen Plan bräuchten, um das Schicksal zu schmieden.

Doch jene Gedanken, die dieses damalige Militärtalent mit sich trug, sind auch heute ein stetiger Wegbereiter von aktiver Geschichte: Wir lernen, durch bereits Erlebtes. Wir erleben, was schon mal zeitlich passierte. Zum teil sogar erschreckende Wirkung hat die Tatsache, dass die vorausgesagten Zusammenhänge über Jahrtausende so präzise zutreffen können. Aber vorsicht ist indes geboten, glaubt man an jedes Mysterium, was einem über den Weg läuft. Ich bin also kein Mysterium mehr, das muss man mir zusprechen, aber was den Mayakalender angeht, kann die eRepubik ja beruhigt sein:

Hat die Menscheit ausgespielt, wird die virtuelle Republik, in vertrauter Nebenexistenz des Nicht-Existierenden, ihren Lauf nehmen, auf eine Weise, die man indes auch ohne geschichtliche Rafinesse sogar voraussagen kann. Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei.

Meine eingestaubten Leser, mein Fazit zu meiner Reaktivierung ist das Folgende: Der Wert von Geschichte wird stets unterschätzt. Gibt man der Erfahrung ihre Möglichkeiten, sich über die Zeit zu entfalten, lösen sich einige Probleme manchmal durch alte Traditionen; das spielt den Konservativen natürlich in die Hände, aber viel wichtiger ist, dass wir begreifen, dass Geschichte nicht nur Vergangenes ist, sondern eben auch Gegenwärtiges vor vielleicht Tausenden von Jahren. Die Verstehensebene muss den Aufmerksamkeitsfokus unserer wertlosen knochenfreien Masse im Kopf aufrütteln, wir sollen verstehen lernen, dass die Komplexität eben auch in ihrer Einfachheit liegen kann, Erlebtes ist viel zugänglicher, Geschichte ist der Zugang zum Erlebten. Ich bin Geschichte gewesen, habe die Vergangenheit nicht überwunden, sondern mitgenommen und sehe mich heute hier, als ein neuer Bürger mit großem Tatendrang - ausgelöst aus alten Tagen.

Nostalgische Grüße an die eRepublikaner der alten Generationen,
Euer treues Subjekt djnewdream