Part1 + Part 2: Call to arms // Destination saxonia

Day 756, 18:37 Published in Germany Germany by Kalif Batan

Irgendwo in Mitteldeutschland, südwestlich von Sachsen, Dezember 2009.

Es ist eine sternenklare Nacht über dem Wald, an dessen Rand sich der dritte Zug des I. Heeresbataillons versammelt hat. Wir stehen in Halbkreis um unseren Zugführer, ein Mann mittleren Alters, Schnauzbart und kleinerer Statur, er ist mehr ein Allerweltstyp. Wenn man ihm auf der Straße begegnet, so würde man ihn sicherlich nicht bei der Armee vermuten, er würde wohl eher in ein Büro passen. Leise spricht er zu uns, mein Blick wandert jedoch wieder nach Osten, woher alle paar Minuten Lastwagen voller Verwundeter und Leichen kommen. Ein wenig zur Ruhe kommen, das ist es, was ich jetzt möchte. Und etwas zu essen natürlich!

Auf den Feldern rings um uns liegt knöcheltiefer Schnee, über unseren Köpfen ziehen die Wolken, die wir ausatmen davon. Das letzte Thermomether das ich gestern Nacht noch sah, zeigte ein Minus von 10 Grad, heute scheint es noch um einiges kälter geworden zu sein. Als ich meinen Blick in die Runde meiner fast 30 Kameraden schweifen lasse, sehe ich in viele verstörte, blutverschmierte, teilweise noch jugendliche Gesichter, alle gezeichnet von den Ereignissen der letzten Stunden.

Wir alle kennen uns noch nicht sonderlich lange, gerade einmal wenige Wochen ist es her, dass wir uns im Glauben, bei der Bundeswehr gutes Geld verdienen zu können, zum Wehrdienst verpflichtet haben. Niemand von uns rechnete wirklich damit, in einen Kriegseinsatz zu geraten. Ganz zu schweigen von einer Lage in der wir jetzt stecken: Noch während unserer Grundausbildung brach der Krieg aus, Polen setzte seine Armeen in Gang, Richtung Westen. Wir waren gerade auf Heimaturlaub, als die Alarmierung einging. Das ist jetzt gerade einmal 3 Tage her, dennoch ging uns seitdem viel unserer jugendlichen Unbeschwertheit verloren. Zuerst dachten wir natürlich an eine Übung, wie wir sie schon so oft hatten. Nur von zu Hause wurden wir bis zu dem Zeitpunkt noch nie alarmiert.






Das Aufrüsten und Antreten vor unserer Unterkunft war bestens einstudiert, innerhalb kurzer Zeit standen wir voll ausgestattet bereit, als unser Zugführer mit ernster Miene vor uns trat. Irgendetwas war anders als sonst, das merkte man sofort. "Kameraden", rief er, es war das erste Mal dass er uns nicht mehr als Jungs oder Burschen bezeichnete, "Männer, wir sind alarmiert worden, da Polen uns in wenigen Stunden den Krieg erklären wird. Das ist KEINE Übung. Aufsitzen, wir haben Marschbefehl Richtung Osten." Man konnte die Ernsthaftigkeit in seinen Worten richtig spüren. Er selbst wirkte ruhig, wie immer, im restlichen Stab jedoch herrschte eine gewisse Unruhe. Wir alle verluden unser Gepäck ohne dass ein Wort unsere Lippen verließ.

Erst im Bauch der Trans-All, die uns Richtung Sachsen brachte, was wohl unser Einsatzgebiet werden sollte, wurde vielen von uns bewusst was nun folgen würde. Wir flogen in den Krieg. Und das, obwohl wir noch nicht einmal fertig ausgebildet waren. Die ersten Reaktionen meiner Kameraden waren hier wirklich unterschiedlich. Von Manchen, besonders den Jüngeren unter uns waren eher leise Töne zu hören, sie standen sichtlich unter Schock, Andere wiederum konnten ihren Mund nicht voll genug nehmen und versprachen, die Polen direkt an der Grenze abzufangen. Ich selbst wurde während des Fluges ganz still, ging in mich und dachte an das herannahende Weihnachtsfest. "Wie lange kann das Ganze dauern, kann ich meine Geschenke an meine Familie/Freundin selbst verteilen?", solche Gedanken gingen mir durch den Kopf.

Nach einer Flugzeit von 45 Minuten setzten wir auf dem Rollfeld auf. Da waren wir nun, junge Männer, vor wenigen Stunden noch im Kreise ihrer Freunde und Familien, nun schon ganz nahe an der Grenze, von wo aus die Polen erwartet werden würden. Langsam öffneten sich die Türen der Trans-All und wir konnten nach draussen sehen. Ringsum war rege Betriebsamkeit, verschiedenes Kriegsgerät wurde verladen, riesige erfahrene Truppenverbände waren angetreten und lauschten ihren Kommandeuren. Es lag eine Spannung in der Luft, die einfach unbeschreibbar war. Jeder Schritt hinaus auf das Flugfeld wurde schwerer, selbst die vorlautesten Kameraden erstummten, als sie die Eindrücke langsam aufnahmen.



Fortsetzung folgt... bei entsprechender Rückmeldung!