[PA] Back to the roots
djnewdream
Es ist so weit. Selbst ich komme nicht umhin zu schreiben, dass ich wieder einmal einen Artikel alter Kwalität einreichen muss. Ja, Philosophie. Damals war ich noch kreativ, motiviert, begeistert. Heute sehe ich die eRep-Welt mit anderen Augen; hauptsächlich mit Bedauern, weshalb ich Euch damit nicht weiter belästigen werde. Jetzt gerade geht es mir eher um Eis.
Ich möchte thematisieren, was eine Eis-Eimer-Herausforderung (Ice-Bucket-Challenge) bedeuten kann und welches Verständnis dahinter liegen sollte. Ich halte den Trend für gut und schlecht gleichermaßen - trendenziell eher gut. Jemanden zu seinem (eigenen?) Glück zu zwingen, erscheint zunächst nicht zweckmäßig, bedenkt man den eigentlichen Nutzen.
Im RL kennt man die "Challenge" als eine Aktion, die Aufmerksamkeit auf eine spezifische Sache lenken soll; in diesem (und in der Regel) Fall klinische Sachen. Es handelt sich dabei häufig auch um irreversible Dinge, d.i. beispielsweise nicht-heilbare oder auch "wenig bekannte" Artefakte der medizinischen Diagnostik. Diese Tatsache gefällt mir persönlich sehr gut. Das Interesse daran ist großteils meinem Studium zu verdanken. Ich finde gut, dass das eigene Auseinandersetzen und Engagement gefördert wird.
Trotzdem sorgt eben dieses Studium dafür, dass ich auch eine Schattenseite entdecke - doch zunächst eine kurze Einleitung. Die Familie Gates ist bekannt für ihren Reichtum und vor allem Bill Gates ist sehr populär. Seine revolutionären Ideen, die unter anderem gigantische Software-Industrie einleiteten, sind nicht nur beneidenswert, sondern auch hilfreich. Die Familie Gates setzt sich aktiv in zahlreichen Stiftungen, vor allem im medizinischen Bereich, für Forschung und Fortschritt ein. Dies betrifft unter anderem die Krebsforschung.
Meines Erachtens ist Bill Gates nicht nur ein Genie, sondern auch ein beneidenswerter Mensch an sich. Er hat in der Garage angefangen und letztlich etwas Gigantisches geschaffen. Diese Überzeugung, es schaffen zu können, kann man spüren; auch wenn man die Person nicht per se kennt. Es ist zwar arrogant zu behaupten, dass intelligente Menschen generell auch "eher gute" Charaktereigenschaften / Lebenseinstellungen haben (=alles relativ), trotzdem ist dies über den Zufall hinaus zutreffend, glaubt man einigen Studien aus diesem Bereich. Statistisch signifikant, wie der Bauer sagt.
Und genau deswegen halte ich die Gates-Stiftungen für seriös und sie sind es definitiv wert beachtet zu werden. Natürlich auch der allgemeinen Popularität der Familie Gates wegen. Des Geldes wegen. Aber viel mehr des löblichen Verhaltens wegen. Bill Gates hat nie behauptet, reich zu sein. Er ist es auch gar nicht, wenn man es genau nimmt. Er lebt nicht "wie ein Reicher", eigentlich ganz normal. Und das beruhigt einen doch sehr. Offenbar ist das höchste Gut etwas, dass man weder erkaufen noch offensichtlich erreichen kann. Der persönliche Gipfel ist gegeben, sobald man sich selbst als vollkommen akzeptabel hält. Um so banaler es klingt, desto schwieriger ist eine Analyse oder der Weg, der zu einem gesunden Verhältnis zu sich selbst führt.
Die Familie Gates zeichnet sich durch Großzügigkeit in einem total absurden Kapitalismus aus, fiktive Zahlen die einen sozialen Status symbolisieren und um den täglich an den Börsen hart gekämpft wird. Mit Fiktion. Kreativität. Blasphemie gegenüber jeglichem Leben. Dass Spekulationen mit Lebensmitteln "Leben" kosten und "Tode" zur Folge haben können, muss man einfach in Kauf nehmen.
Dieser Strudel der Absurditäten ist (offenbar?) an Gates vorbeigerauscht. Das Verständnis vom Turbokapitalsimus ist stark abgenutzt. Es ist alt und wenig sinnvoll in der heutigen Gesellschaft. Es ist sehr offensichtlich, dass die gesamte Welt stark zusammengerückt ist; Kriege hin oder her. Vieles ist schlicht globaler geworden; die gemeinsame Kooperation steht im Vordergrund.
Es zeugt meiner Ansicht nach von Stärke, den Kreislauf des vorgekauten Systemverständnisses zu durchbrechen und aus einer eigentlich "günstigen" Position zu zeigen, wie faszinierend das Leben ist außerhalb eines freiheitsberaubenden Verständnisses. Bill Gates ist der lebende Beweis, dass der Kapitalismus nicht die perfekte Antwort auf Fragen bezüglich Lebensinhalten ist; gleichwohl Alternativen ebenfalls stark hinken. Das Verständnis für tatsächliche (auch ökonomische) Abläufe prägt das Lebensverständnis von Gates - was ich äußerst bewundere. Natürlich ist auch er kein Engel. Verantwortungslose Entlassungen (wohl eher aus Verantwortungsdiffusion und begrenzter Möglichkeiten?) und zahlreiche "Vorfälle" in seiner Firma sollen nicht unerwähnt bleiben.
Fakt ist meiner Ansicht nach, dass Bill Gates die Ice-Bucket-Challenge aus Überzeugung gemacht hat; ungleich dem Großteil, der unwillentlich nominiert wird. Sein Engagement bestand auch schon vorher - sein Interesse an eben solchen Dingen dazu. Es ist quasi ein weiterer Akt seines Schauspiels der nicht-weltlichen Dinge und der dazugehörigen Bedeutung.
Ob dies immer bei den Nominierten der Ice-Bucket-Challenge gegeben ist, ist nicht nur fraglich, sondern auch einer Negierung würdig. Es ist löblich, dass Aufmerksamkeit entsteht. Es ist schlecht, dass die einmalige Beschäftigung mit zum Teil sehr interessanten Dingen häufig oberflächlich bleibt; zu einer Art "schwacher Norm" wird, die erfüllt werden muss, damit man nicht wie der letzte Depp darsteht.
Ebenfalls Fakt ist, dass Geld keine echte Antwort auf Probleme liefert, aber viele Wege. Spenden per se sind somit also weder moralisch auf- noch abwertend zu verstehen, gleichwohl der Mensch an sich spenden als etwas moralisch Hochwertiges empfindet. Dies ist aber eher eine Folge aus dem Gefühl heraus, irgendwas (hier: Geld) von sich abgegeben zu haben und zu teilen bzw. darauf zu verzichten. Vielleicht sogar für eine Sache, für die man sich interessiert und von der man überzeugt ist. Man kann jederzeit auf Spendenkonten - häufig mit Engagement in Afrika - überweisen und sein Gewissen beruhigen, wenn es darauf ankommt. Das ist der Mensch an sich. Alle Wege bleiben offen, die wertende Komponente ist jedoch nie klar und wird auch so gut wie nie medial oder eigenständig geistig betrachtet. "Der Blick über den Tellerrand", d.i. die Überwindung der stark ökonomisch/maschinell geprägten Denkmuster zu einer gesellschaftsbejahenden, gleicherweise wertschätzenden Kollektivbetrachtung, ist eine Kunst. Eine Kunst, in der sich nur die wenigsten als Meister bezeichnen können.
Was ist das Fazit / tl;dr Version?
- Ice-Bucket-Challenge? JA!
- Der Nominierung wegen aktiv werden? NEIN!
- Aus Überzeugung eigenständig aktiv werden? JA!
- Weiter nominieren? NEIN!
- PA (auch ältere Artikel) lesen? JA!
Aus keinem gegebenem Anlass (eigentlich doch) und zur Sensibilisierung eines hinreichenden Verständnisses von Spenden werde ich Folgendes einleiten:
20.000cc (~113 Gold) werden von mir an Edelmann überwiesen, dem Leiter des FBI (Federal Bread Institute), zur aufrichtigen Unterstützung des Nachwuchses.
"Überzeugungstäter sind die schlimmsten Täter" - J. Book
Comments
[removed]
zl;ng, aber v+c wegen letzter nacht
+v
You have accepted 20000.00 CLP from djnewdream.
one minute ago
Vielen Dank!
Außerdem: Gutes Interview, voted. :>
Vote, habe nicht viel Gold (13) und nur 414 cc
gelesen...
votiert...
gesubbt war schon...
brauchste noch comments für die mission?
wenn ja dann würd ich unter dem artikel auch kommentieren... 🙂
Kwalität in der edeutschen Presselandschaft \o/
v
v
prost
Turbokapitalismus, vorgekautes Systemverständnis, jetzt bloß nicht die Gedanken radikalisieren. Habe gerade Blackout gelesen, bin froh das das Licht geht.😉 Ansonsten schöne Abwechslung in der Presselandschaft.
V***
endlich mal wieder was zum lesen und nicht nur "bitte voten wegen quest".
THX
Nun ja... wie hieß es so schön in der Bibel?
Dankbare Menschen leben glücklicher? o7
Ach du lieber Himmel wasn langer Text und das ohne Bilder tztztz
Genau, ohne Ponybilder weitgehend wertlos.
Interessanter Artikel, schön mal wieder was nachdenkliches und zum Nachdenken anregendes, über eRep hinausreichendes zu lesen, aber beim Lesen haben sich mir zumindest zwei Fragen aufgedrängt:
1. "intelligente Menschen generell auch "eher gute" Charaktereigenschaften / Lebenseinstellungen haben (=alles relativ), trotzdem ist dies über den Zufall hinaus zutreffend, glaubt man einigen Studien aus diesem Bereich."
-> Es interessiert mich, was du hier als "gut" verstehst und auf was für Studien du verweist.
2. "Ebenfalls Fakt ist, dass Geld keine echte Antwort auf Probleme liefert, aber viele Wege. Spenden per se sind somit also weder moralisch auf- noch abwertend zu verstehen"
-> Was wird hier als moralisch auf- oder abwertend verstanden? Meinem Verständnis nach ist die Eröffnung von Möglichkeiten (auch durch Geld) löblich und so als moralisch (eher) gut zu bewerten, woher stammt daher deine Schlussfolgerung? Wenn du sagst, dass Geld eher (1.) keine echte (2.) Antwort ist, aber Wege eröffnen kann (3.) sind das drei Einschränkungen, die du nachher ("somit...") wegfallen lässt.
ich habe mal per IGM geantwortet, 2000 Zeichen hätten nicht gereicht😁
es hätte uns aber vllt auch interessiert 😛
v
(z. 1. v. Thuroi) Kohlbergs Theorie der Moralentwicklung (s. Heinz Dilemma) würde zmd grob in die Richtung laufen. Allerdings bezieht sich das eher auf die Art der Rechtfertigung bestimmter Handlungen. Aber eigentlich ist das nur die Überleitung für etwas, was ich dreisterweise deiner Frage anhängen möchte.
1. Die im Artikel aufgeworfene Frage, ob man Menschen quasi zum 'Guten' (hier 'Spenden') zwingen/manipulieren darf. Das bezieht sich jetzt auch auf die Leute, die einen auf der Straße ansprechen und die einen nötigen die Entscheidung ob man spendet sofort zu treffen. Im ungünstigsten Fall funktioniert ja auch die ALS IBC eher durch sozialen Druck, also durch tatsächliche Überzeugung. Dazu kommt noch, dass in vielen dieser wunderbaren IBC Videos das Wort ALS entweder nicht vorkommt, oder nicht erklärt wird ([...] raise awareness for ALS [...] (-) )
2. Die Ökonomie des Altruismus. Es muss uns bewusst sein, dass von diesen Spendenaktionen von Marketingexperten entwickelt werden, die dafür in marktüblicher Höhe (im besten Fall) vergütet werden, also genau so, als ob es eine Marketingaktion für andere Wirtschaftsgüter wäre. Daraus ergeben sich natürlich mitunter beachtliche Transaktionskosten, die andernfalls nicht entstehen würden. D.h. ein beträchtlicher Teil der Spende geht nicht nur für Verwaltung etc. sondern auch Marketing drauf. Nun würden einige Leute ja auch ohne die Aktion (vll für etwas Anderes) spenden. Das bedeutet, dass hierdurch anderen Projekten Mittel entzogen werden (auch wenn man argumentieren kann, dass das Spendenaufkommen dafür insgesamt steigt). Andererseits ist ja auch verständlich, dass auch diese Leute von irgendwas leben müssen.
Nun ist ALS keine schöne Sache, aber (zum Glück) ja eine die vergleichsweise wenige Menschen betrifft. Auf der Liste der unschönen Sachen, stehen aber auch einige Erkrankungen, die in den Ländern des globalen Südens verbreitet sind. Dort könnte man mit vergleichsweise weniger Geld mehr Menschen helfen.
kwalität \o/